Wertvoller Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege
Das bayernweite Förderprojekt „DAmPf“ soll die Arbeitsbedingungen für Pflegeberufe verbessern. Zu den Piloteinrichtungen zählen auch welche des BRK-Kreisverbands Kronach. Die Ergebnisse sind erfolgsversprechend.
Kronach- Der steigende Fachkräftemangel macht sich immer stärker bemerkbar. Viele Stellen können nicht besetzt werden. Das führt dazu, dass mancherorts Betriebe sogar schließen müssen. Dieses Schicksal hat in der jüngsten Vergangenheit auch einige Pflegeeinrichtungen ereilt. „Doch selbst, wenn eine Schließung vermieden werden kann, wird der Personalmangel, zusammen mit den stetig wachsenden Anforderungen im Arbeitsalltag, zunehmend zur Belastung für die Beschäftigten in der Pflege“, bekundet BRK-Kreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes, dass - vor diesem Hintergrund - die Themen betriebliche Gesundheitsförderung, Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung stark an Bedeutung gewinnen. Vor allem im Bereich Pflege lasse sich großer Handlungsbedarf erkennen.
Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie die AOK Bayern haben deshalb Fördermittel zur Verfügung gestellt, die unter anderem in das „DAmPf“-Projekt flossen. Der wesentliche Inhalt bestand in der Entwicklung eines digitalen Ampelindikators zur Verbesserung und Steigerung der Prozessqualität in der Dienstplangestaltung der Pflege unter gesundheitlichen Aspekten, unterstützt durch eine Progressive Web App. Das Projekt mit der Laufzeit 1. November 2019 bis 31. Dezember 2022 wurde federführend von der Initiative – Gesunder Betrieb (igb) GmbH durchgeführt. Unterstützt wurde das 2011 in Bayreuth gegründete Unternehmen mit einem innovativen Ansatz zur Steigerung der Mitarbeitergesundheit vom IDC-Forschungsinstitut der SRH Wilhelm Löhe Hochschule (Fürth). Zu den acht bayerischen Piloteinrichtungen gehörten auch die BRK-Sozialstationen sowie die Seniorenhäuser Kronach und Ludwigsstadt des BRK-Kreisverbandes Kronach. Ziel des Projekts war es, durch den Einsatz eines „Ampelindikators“ inklusive integriertem Belohnungssystem herauszufinden, ob eine entlastende Wirkung in der erlebten Arbeitswelt für Pflegekräfte in der Alten- und Krankenpflege zu erzielen ist.
„Wir möchten damit Anreize schaffen, dass sich noch mehr Mitarbeiter dazu bereits erklären, bei Bedarf auch außerhalb ihres Dienstplans für Kollegen einzuspringen. Oftmals sind es ja immer die gleichen, die einspringen. Es ist wichtig, dass diese nicht überlastet werden“, betont Roland Beierwaltes. Ein frühzeitiges Entgegenwirken einer solchen Überbelastung könne zu einer verbesserten Arbeitssituation in der Pflege führen - gerade mit Blick auf die Planbarkeit des sozialen Lebens bzw. Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben - wie auch arbeitgeberseitig zur Erleichterung der Schichtplan-Koordination beitragen.
„Beim digitalem Ampelindikator in der Pflege „DAmPf“ verfärbt sich die Ampelanzeige des Mitarbeiters je nach dessen eingesprungener Dienstanzahl von Grün („keine vorliegende Belastung“) über Gelb („bereits durch Schichtübernahme vorbelastet“) bis hin zu Rot („durch das Diensttauschgeschehen voll belastet“)“, erläutert igb-Geschäftsführer Harald Schubert. Der - nach wissenschaftlichen Standards in Zusammenarbeit mit den Piloteinrichtungen entwickelte - Indikator gibt damit der Bereichsleitung eine eindeutige Übersicht über den aktuellen Belastungszustand des einspringenden Mitarbeiters, der für seinen - alles andere als selbstverständlichen - Einsatz entsprechend belohnt werden soll. Beim BRK-Kreisverband Kronach erhält derjenige - abhängig von der Kurzfristigkeit bzw. Tageszeit - pro Einsatz zwischen vier und zwölf Engagement-Punkte, gleichbedeutend mit einer bestimmten Summe. Das Wertschätzungs-Guthaben kann über individuelle Wertgutscheine eingelöst werden.
Mit der Projektidee war der igb-Geschäftsführer 2019 an die AOK Coburg herangetreten und rannte damit quasi offene Türen ein. „Wir als Krankenkasse sind ja abhängig davon, dass es im Pflegebereich genügend Nachwuchs gibt bzw. dass die Mitarbeitenden in der Pflege bleiben. Sonst haben wir ein Problem der Versorgung der Versicherten“, betont AOK-Direktor Christian Grebner. Profilanalysen der Arbeitsunfähigkeiten belegten einen stetigen Anstieg psychischer Belastungen, generell bei allen Berufen, in der Pflege jedoch besonders ausgeprägt. Branchenübergreifend gingen mittlerweile 13 Prozent aller Arbeitsunfähigkeiten auf psychische Diagnosen zurück, gleichbedeutend mit Rang Zwei aller Fehlzeiten. „Das ist ein sehr heißes Thema“, verdeutlicht der Experte für Betriebliche Gesundheitsförderung bei der AOK, Uwe Leidinger. Dass es sich bei psychischen Diagnosen oftmals um langfristige Ausfälle mit einer schwer abzuschätzenden Dauer handle, erschwere dem Arbeitgeber zusätzlich die Planbarkeit. „Gerade die fachärztliche Versorgungsstruktur ist bei uns schwierig. Es vergeht oftmals recht viel Zeit, bis man in eine Therapie kommt, und wir haben zu wenige Therapeuten“, prangert Christian Grebner an. Psychische Erkrankungen entstünden in der Regel nie alleine durch die Arbeit, sondern seien ein Mosaik aus Ängsten, Sorgen und Nöten. „Irgendwann läuft es halt dann einmal über“, weiß Uwe Leidinger.
Ergebnisse des DAmPf-Projekts
Das Geld - darin zeigen sich alle Beteiligten einig - sei für das Projekt sehr sinnvoll investiert; könne doch nach 36 Monaten Projektlaufzeit ein erfreuliches Fazit gezogen werden: „Trotz Corona-bedingt erschwerter Ausgangslage konnten positive Effekte durch die Einführung des Belohnungssystems für die Übernahme von zusätzlichen Schichtdiensten gemessen werden“, stellt igb-Projektleiterin Susanne Nikolaus heraus. Es habe sich gezeigt, dass Pflegekräfte die Belohnung für das Einspringen nicht nur als finanziellen Bonus erachteten, sondern als höhere Wertschätzung. Zudem habe sich ein Nutzen für die Dienstplangestaltung der jeweiligen Einrichtung herauskristallisiert. Insgesamt könne daraus eine breite Akzeptanz aller beteiligten Akteure abgeleitet werden. Nach aktuellem Stand wollen alle Piloteinrichtungen das System beibehalten.
„Wertschätzung und Gesundheit für unsere Mitarbeiter, die tagtäglich rund um die Uhr Enormes leisten, hat bei uns höchsten Stellenwert. Durch das DAmPf-Projekt können wir unseren Pflegekräften einen weiteren wertvollen „Wertschätzungs-Baustein“ anbieten. Das kurzfristige „Einspringen“ wird belohnt; die Bereitschaft hierfür gesteigert und Überlastung vermieden“, resümiert auch Roland Beierwaltes. Neben der gelebten Wertschätzung sei dies auch ein Schritt, die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern. Die Notwendigkeit der Übernahme von zusätzlichen Schichtdiensten bestehe zwar auch weiterhin; jedoch könne mit Hilfe des Ampelindikators die Organisation des Schichtbetriebs erleichtert werden. hs
Bild: (von links) Harald Schubert und Susanne Nikolaus (beide igb), BRK-Kreisgeschäftsführer Roland Beierwaltes sowie Uwe Leidinger und Christian Grebner (beide AOK) besprechen die Ergebnisse des „DAmPf“-Projekts.